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Schauerorte – Logen – Morde in Oberbayern

85 x Sightseeing noire

©2023 200 Seiten

Zusammenfassung

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


VORWORT

DER BESONDERE ORT BEWEIST EIN WEITERLEBEN!

Die Schauergeschichten der Romantik und des späten 19.Jahrhunderts erleben eine prickelnde Wiedergeburt mit der Neuentdeckung des Real-Grusels. Das Unheimliche, das Magische, das Verlorene, es lockt, es „zieht an“. Lost Places haben Hochkonjunktur, vielleicht spiegelt dieser Trend eine Grundstimmung der Gegenwart wider: einer von Pandemie, Krieg und Kriegsangst, dazu von gesellschaftlichem und wirtschaftlichem Niedergang geprägten Zeit.

Alles, was geschieht, damit auch das Schauerliche, ist auffällig ortsgebunden. Orte aber haben Kraft und Lebensenergie, auch wenn sie belastet und geistig-seelisch kontaminiert sind. Nicht ohne Grund spielen die meisten Geistersagen in alten Gemäuern, also an „Lost Places“. Alles spielt mit gutem Grund da, wo es geschehen muss. Kriege gehen um Orte und Länder – und um Ideologien und Religionen. Was unerklärlich bleibt, rutscht zumeist ab in den dunklen Zwischenbereich des Hexenhaften, Geisterhaften, des abgründigen Verbrechens – und ins Zwischenreich der angeblich überall lauernden Verschwörung.

Folgen Sie den Orten des Gruselns, den Plätzen mit Promi-Morden, den Hinrichtungsstätten der Mörder und Märtyrer. Auf zu alten Gemäuern! Lassen Sie den Ort sprechen, denn Gruselorte sind große Erzähler! Entdecken Sie mahnende Gerippe und Zeugnisse von Schandtaten. Und staunen Sie.

All dies geschieht nicht zufällig. Und noch weniger zufällig dort, wo es geschieht. Der Ort spielt immer mit. Dann entdecken Sie staunend: Diese Plätze sind ambivalent, lockend, packend – sogar heilend. Warum? An solchen Orten können Sie sich in Gedankenformen einklinken, die vor langer Zeit hier gedacht sind. Gedanken und Aufträge der Ahnen: Was für ein lebendiger Beweis, dass es geistig ein Weiterleben gibt!

Fritz Fenzl

1. DE OSA VILLA AM STARNBERGER SEE

DER GÄRTNER WAR´S TATSÄCHLICH

„Die Villa ist verflucht …“, meint so mancher der hier Vorübergehenden. Denn in dieser Villa, die Augusta de Osa, Hamburger Witwe des kolumbianischen Botschafters hier errichten ließ (später Schön-Klinik) geschah die größte Tragödie: Die Familie des Erben Fritz de Osa wurde in der Nacht zum 11.9.1951 ermordet. Es war der erzürnte Hausmeister, der sich in die schöne Tochter nicht standesgemäß verliebt hatte. Nach diesem Gewaltakt brachte der Mörder sich selber um. Weitere Hintergründe um diese schlossgleiche Zweiflügel-Villa bleiben auch bei hartnäckigem Fragen verborgen. Ein Erahnen des von geistigen Dunkelkräften gesteuerten Tuns drängt sich recht bald auf.

Hingehen lohnt, denn es handelt sich um einen klassischen „Magischen Ort“. Schön und schaurig zugleich. Die Villa ist opulent, ein schlossartiger erdgeschossiger Flügelbau im Stil des Neubarock. Der überkuppelte Mittelbau mit der plakativen Rotunde lässt an das Schloss Solitüde in Stuttgart denken. Von der malerischen Frontseite im Westen zum See hin ergießt sich ein raumgreifender Park. Der war auch viele Jahre „danach“ teilweise eine beliebte Kaffeeterrasse, angemessener Treff. Damals wie heute konnte sich eine derart repräsentative Villa am Ostufer nur die wirkliche Oberschicht leisten. Lady de Osa hatte offensichtlich, wie man dies heute nennen würde, ein „Netzwerk“. Denn von der hochnäsigen Dame des Hauses zeugt ein Portrait des Malers Franz von Stuck. Das Bildnis im Vollprofil zeigt eine strenge Frau von herber Schönheit, das tizianrote Haar in Jugendstilmanier hochgesteckt. Und die Villa? Geist und Spuk bleiben. Wechselnde Besitzer, die Agirov-Klinik (betreuender Arzt von Franz Josef Strauß!), dann die Schön-Kliniken: Jetzt herrscht Leerstand. Der Magische Ort, der die Villa trägt, ist sehenswert – und für den Fühlenden eindeutig „besetzt“. Nicht weit von hier ist die Todesstelle Ludwigs II., noch weiter südlich die Geistervilla des Okkultisten Gabriel von Max. Und der Mord? Der Gärtner? Das wirkliche Motiv? Kollektives Schweigen. Nichts zu erfahren.

Adresse:

82319 Percha, Münchner Straße in südl. Richtung ca. 500 Meter am See entlang, gegenüber Bushaltestelle.

Anfahrt:

Ab München über die Autobahn A 95 Richtung Garmisch. Abfahrt Starnberg, vor Starnberg die Abfahrt Percha nehmen. Durch Percha, bei einer deutlich sichtbaren Abzweigung rechts Richtung See den großen Parkplatz finden.

Tipp:

Ab hier ein gemütlicher Weg am See entlang genau Richtung Süden, bald erscheint oben das magische Grusel-Areal, unten in der Nähe einer malerischen Freitreppe findet sich eine gut gemachte Informations-Tafel.

2. ALTOMÜNSTER

QUELLE, GEHEIMGÄNGE, GERIPPE

Zuerst in den Alto-Wald, dorthin, wo dereinst der Heilige Alto der Legende nach mit dem Stab (also der Wünschelrute) die legendäre Quelle fand: Genießen Sie den Klang der Stille, dazu das gurgelnd stoische Plätschern eines kühlen und erdig schmeckenden Quellwassers. Der bunten Mischung aus Geschichte und Legende folgend, soll hier im abgeschiedenen Grün des Alto-Hochwaldes kein Geringerer als Pippin, der Vater Karls des Großen, den einsamen Heiligen im Wald getroffen haben – und schon schenkte er ihm den Zauberwald. Daran erinnert ein dreieckiger Quellbau, der die lebensgroße Altostatue umschließt, die auf drei Wunder des einsamen Mystikers verweist. Von der Ortsmitte Altomünsters immer der Beschilderung „Altoquelle“ folgen. Dann aber zurück in den Ort, mittig das Münster selber thront hoch erhoben auf dem Berg, der richtunggebende Turm kilometerweit sichtbar. Es erwartet Sie Magie, Kraft und ein dunkles Geheimnis des weltabgeschiedenen Birgittinen-Ordens. Zum Eingang der monumentalen Kirche müssen Sie immer „nach oben“, letztendlich ist es eine Art Himmelstreppe, die zur schweren und bewusst engen eisernen Tür und zur Schwelle führt. Denn nur die „enge Pforte“ führt ins Himmelreich. Dann aber sind Sie in einer seelengreifenden katholischen Gegenwelt. Das Innere der Kirche hebt sich vom Eingang bis zum Altar um sechs Meter, sie müssen zwangsläufig nach oben schauen. Das wirkt. Der düstere Vorraum führt rechts in eine Todesangst-Christi-Kapelle mit zahllosen Totenschädeln, rechts ist eine eher hebende Lourdes-Grotte. Unter dem rechten Seitenaltar entspringt die ursprüngliche Alto-Quelle, die unter der Oberfläche bis zur Lourdes-Grotte fließt. Über dem Hauptaltar die Hirnschale (!) des Alto. Brokat-verbrämte Skelette hinter Glasfenstern, gedenke des Sterbens – also lebe! Oben die Umgänge für Klosterleute, die nie eines Menschen von „außen“ ansichtig werden durften. Gerüchten nach stand ein Sarg im Eingang des Klosters. Memento mori pur. Ein lokaler Führer verrät: Zahllose Geheimgänge unter dem Hauptschiff. Rechts neben dem Presbyterium fand man bei Renovierungsarbeiten Skelette von Neugeborenen.

Adresse:

85250 Altomünster. Den Hinweisschildern im Ort „St. Alto-Quelle“ folgen.

Anfahrt:

A 8 Richtung Stuttgart, Abfahrt Sulzemoos. Dann der Beschilderung nach Altomünster folgen.

Tipp:

Altowald, nicht nur die labende Quelle lädt zum Besuch. Verlieren Sie sich in der Magie der Schöpfung!

3. RUDOLPH MOSHAMMER

MANCHMAL BLEIBT DIE LUFT WEG

Paradiesvogel Rudolph wurde im Kriegsjahr 1940 in München geboren. Vater bald obdachlos. Extreme Mutterbindung an die liebevolle und zugleich dominante Mama Else. Der junge Rudolph absolviert eine Ausbildung zum Verkäufer und arbeitet im Mode-Einzelhandel. Bald eröffnet er mit Hilfe von Finanziers seine Boutique „Carnaval de Venise“ an der Münchner Maximilianstraße. Glamour-Bilder aus dieser Zeit sind heute noch ein Leckerbissen. Herren-Krawatten ab 100 D-Mark. Inzwischen gibt es eine Verfilmung des Selbstdarstellungs-Genies mit dem Titel “Der große Rudolph“. Daneben soziales Engagement und Einsatz für Obdachlose. Doch der Schein war eben alles. Der „Modezar“, der nie eine echte Schneiderlehre absolviert hatte, war als Verkäufer unschlagbar: Arnold Schwarzenegger, Carl XVI. Gustaf von Schweden, Friedrich Karl Flick, Thomas Gottschalk, Siegfried & Roy, Roberto Blanco und José Carreras gehörten zu den Kunden. Und der Abgrund: In dunklen Nächten erschien der schöne Rudolph im Rolls-Royce und Chauffeur im Bahnhofsviertel auf der Suche nach schnellen und schlüpfrigen Männerbekanntschaften. Rudolph nimmt einen irakischen Aushilfskellner mit nach Hause. Sexuelle Handlungen, Gezänk um den Lohn. Rudolph wird am nächsten Morgen von dem Chauffeur Kaplan aufgefunden. Ein Telefon- oder Stromkabel ist um den Hals gezerrt. Hysterische öffentliche Anteilnahme bei einem breit angelegten Show-Begräbnis, Prozession in der Maximilianstraße, die dem Trauerzug bei Ludwig II. in nichts nachsteht. Mosi liegt präpariert in seiner ausladenden Gruft unter dem Tempel im Ostfriedhof, sein Präparator hat ein gutes Gefühl: „Eines Tages werden die beiden gut erhaltene Mumien sein. Ihre Gesichtszüge bleiben aber bestehen.“

Adresse:

Max Joseph-Platz 2, 80539 München. Die ehemalige In-Boutique war in der Maximilian-Straße, genau südlich gegenüber der Oper.

Anfahrt:

Alle U- und S-Bahnen zum Münchner Marienplatz. Von da aus 5-10 Minuten zu der Oper. Das Mausoleum findet sich auf dem Münchner Ostfriedhof. Immer den Pilgern folgen.

Tipp:

Auf die südlichen Stufen der Residenz setzen und von Mosi träumen.

4. DAS GRAB DER SEHERIN BEI LEUTSTETTEN

KULTISCHES TÖTEN

Höhepunkt all meiner Kraftort-Führungen ist und bleibt das magische Grab der Seherin bei Leutstetten im Mühltal, gar nicht weit weg von der „Drei-Beten-Quelle“ und dem Karlsberg, der Jahrtausend-Geheimnisse in seinen Höhlen birgt. Das bekannte Hügelgrab ist ein Wallfahrtsort der Kraft und, wegen vergangener Menschenopfer, des Grauens. Am Ortseingang von Leutstetten steht auch die Kapelle St. Alto mit dem berühmten Bildnis der Drei Bethen: Einpeth, Wilpeth, Gerpeth in den seelengreifenden Urfarben der Erde: Schwarz/Weiß/Rot. Das Grab der Seherin, einer Druidin vergangener Ahnen-Tage, die vermutlich den historischen Hintergrund der Bethen ausmacht, bleibt deutlich nordöstlich abgesetzt von der keltischen Nekropole (also einer Totenstadt der so genannten Vorzeit). Unter einem mehrschichtigen Steinbau fand ein grabender Hobby-Archäologe das vollständig erhaltene Frauenskelett, der Kopf war etwas zur Seite geneigt. Das Areal ist auf alten Karten „bezeichnet mit dem Begriff Herrgottsruh“. Nicht umsonst heißt diese Grabstätte einer Druidin seit alters her das „Grab der Seherin“. Gemeint ist eine Erwählte mit den machtvollen Gaben der Prophetie. Gruselfaktor: Solche ur-heidnischen Opferstätten funktionieren als Raum-Zeit-Schleusen, da hier die Einflüsse von Masse und Geschwindigkeit anders wirken denn anderswo. Dazu kommt die Lage auf einem Schnittpunkt der wichtigsten Drachenlinien. Denn die Würm folgt, nicht nur hier, einer ausgewiesenen Kraftlinie. Weissagungen finden nie an belanglosen Orten statt. Einer der Gründe hierfür ist, dass auserwählte Menschen, die mit besonderen Gaben gesegnet sind, besondere, sowohl magische als auch grauenhafte Orte vorziehen. Man sagt dann, hier spukt´s.

Adresse:

Mühlthal 124, 82319 Starnberg.

Anfahrt:

Planegger Straße (heißt ab Gauting: Starnberger Straße) von München über Gauting und Stockdorf bis ins Mühltal, Kurz nach der Würmbrücke links die aufgegebene Gaststätte „Forsthaus Mühltal“, ein Stück weiter, Abzweigung rechts zum „Golfgut Rieden“, wieder über die Würmbrücke. Jetzt eine Serpentinenstrecke aufwärts. Gleich nach der Bahnunterführung rechts ein kleiner Parkplatz. Von hier zu Fuß Richtung Norden in den Wald.

Tipp:

Brotzeit im legendären Kult-Biergarten von Leutstetten, gleich neben der Kapelle St. Alto mit dem berühmten Bild der „Drei Beten“, die das gesamte Areal energetisch geprägt haben.

5. KÖNIG WATZMANN

MORDLUST UND MUTWILLEN

Hoch und lockend und warnend zugleich ragt die kantige Doppelspitze über Berchtesgaden. Der Berg und die Umgebung bieten ein Eldorado von Grusel- und Todesstätten. Wie etwa die tödlichen Gumpen der Wasserfälle hoch über dem Königssee. Und die Sage des magischen Berges berichtet von Mord. Mord als das absolute Gegenteil von Glauben, Geist, Hoffnung, Liebe. Im archaischen Bild des kollektiven Unterbewussten ausgedrückt: Alles versteinert. Kein Wunder auch, dass der „rufende“ Berg jährlich viele Todesopfer fordert! Der Watzmann-König war grausam und primitiv, er quälte Abhängige und Untertanen zu seinem Vergnügen, er schatzbrannte und tötete, sprengte mit der Reiterschar über Felder und Menschen mutwillig hinweg. Die wilde Horde trieb wieder einmal ihr Unwesen, fuhr dann mit Lust in eine Menschengruppe hinein. Bluthunde zerrissen das Vieh. Und dazu aufgehetzt, auch die Frau und das kleine Kind des Hirten. Aber! Ein Brausen und Donnern und Beben mit Blitzen, auch eine Feuersäule; der Machtgefühl-Mörder ward samt Anhang zu Stein verwandelt: Das Watzmann Gebirge samt sieben Kinder-Zacken, ist dies eine Sage nur? Eher Verdichtung (Dichtung!) des Urdramas auf der großen Weltenbühne. Ewiger Konflikt der Menschheit. Wer zu viel Macht hat, der wird daran irre und verliert das Menschen-Maß. Vielleicht ist es auch kein Zufall, dass hier in unmittelbarer Nähe auf dem Obersalzberg die wirren Träume von Weltherrschaft eines Adolf Hitler verdichtet wurden. Dessen schwer zugängliches Areal des ehemaligen Berghofes auf dem nahen Obersalzberg bildet den wohl gruselig-perversesten „Wallfahrtsort des Grauens“! Watzmann-Sage: Opfer und Täter spielen feste Rollen, so wie in einer Inszenierung. Bis dann der Täter selber Opfer des Gerichts wird. Als ordnendes Prinzip agiert hier in der Sage nicht der Staatsanwalt, sondern die Ur-Natur. Oder gar Gott?

Adresse:

83471 Berchtesgaden. Der Berg dominiert alles, ist von überall sichtbar.

Anfahrt:

Salzburger Autobahn A8; Abfahrt Bad Reichenhall, über Bischofswiesen nach Berchtesgaden.

Tipp:

Eine Besteigung der Kultberges möchte ich nur denen raten, die hochgebirgstauglich sind und das Leben gering einschätzen. Wer sich in Gefahr begibt, der kommt auch (irgendwann) darin um!

6. „DRÜCKEBERGER-GASSERL“ IN MÜNCHEN

SCHWARZE WALLFAHRT ZUM NATIONALSOZIALISMUS

Vom Marienhof aus geht es Richtung Odeonsplatz. Dort lädt an der südlichen Seite des Preysing-Palais die Viscardi-Gasse zum Verweilen, zum sinnigen Durchschreiten und vor allem zum Nachdenken. Ist doch auf der Seite zur Residenz hin der „goldene Schleichweg“ als „Kunst am Bau“ unübersehbar in das Viscardigasse-Pflaster eingelassen: Golden gleißende Bronzesteine ergeben eine s-förmige, im Tageslicht glitzernde Drachenlinie am Boden. Der „Geschichtspfad“ spricht zu uns: Dem damaligen Schusswechsel beim „Marsch auf die Feldherrnhalle“ fielen 15 Putschisten, vier Landespolizisten und ein Unbeteiligter zum Opfer. Hitler konnte fliehen, er wurde jedoch zwei Tage später verhaftet. Es folgte die legendäre „Landsberger Haft“, eine Zeitspanne die dem großen Schwarzmagier Zeit und Muse verlieh, um „Mein Kampf“ zu schreiben. Verweilen Sie hier. Nach einigen Minuten beginnt der ORT zu erzählen – und zu mahnen. Schreiten sie auf der Drückeberger-Linie wie auf einem über den Abgrund gespannten Seil. Vor allem amerikanische Guides warten hier auf mit „The Third Reich“-Stadtführungen. Denn an einer Seitenwand der Feldherrnhalle in München war eine Tafel zum Gedenken an den gescheiterten Putsch Hitlers vom 9. November 1923 montiert. Hier Vorbeigehen, das war aufregend: Rechts und links der Tafel standen vor großen Lorbeerkränzen zwei SS-Posten Wache. Und man musste grüßen – oder eben abbiegen. Stätten der Nazis, vor allem um den Königsplatz herum: Das wäre ein eigenes Kapitel für „Schwarze Wallfahrten“!

Adresse:

80539 Odeonsplatz. Die Viscardi-Gasse befindet sich südlich hinter dem Preysing-Palais.

Anfahrt:

U 3, U 6 Odeonsplatz. Dann nur wenige Meter in südöstlicher Richtung.

Tipp:

„Der Weise geht weiter, der Narr bleibt stehen und kämpft“ (Stuart Wilde). Von hier aus sind Sie sofort auf dem Odeonsplatz. Die nördlich verlaufende Brienner Straße in westlicher Richtung, abbiegen, Münchens wohl schönste Straße! Königsplatz schon in Sichtweite, auf dessen rechter Seite klotzt das neue NS-Dokumentationszentrum.

7. RUDOLF DIESEL

DUNKLE PRACHTVILLA IN BOGENHAUSEN

Es soll heftig gestürmt haben, als die Besatzung des Regierungslotsenbootes „Coertsen“ am 10. Oktober 1913 aus dem Ärmelkanal die Leiche von Rudolf Diesel zieht. Ein Genie, das dem für die Industrialisierung so wichtigen Motor den Namen gab, ist tot. Und bis heute die Frage: Mord oder Selbstmord? Und warum?

Rudolf Diesel ist nicht in Bayern gestorben (worden). Diesel hat aber hier tiefe Wurzeln, körperlich und geistig. Der Vater stammt aus Augsburg, die Mutter hat ihr Elternhaus in Nürnberg. Schule des Einser-Schülers in Augsburg, Studium am Polytechnikum in München. In München steht heute Diesels Ehrenbüste in der Ruhmeshalle. Das Dunkle seines Lebens begann wohl in der opulenten Bogenhausen-Villa: Die repräsentative Diesel-Villa in Münchens edler Maria-Theresia-Straße am Isar-Hochufer ist bis heute Edelsitz für „Arrivierte“. Die Tatsachen, frei von Spekulation: Rudolf Diesel treibt 1913 tot im Wasser des Kanals. Denn dem unglaublichen Aufstieg des so mysteriös im Meer Treibenden, der Dieselmotor machte viele Spielarten der technischen Revolution erst möglich, folgte ein seltsamer Schlingerkurs aus Fehleinschätzungen und dem bösen Werk von Neidern und Miss-Gesonnenen. Rudolf Diesel wirkt auch noch nach seinem irdischen Dasein. Er ist auf seine ganz eigene magische Weise unsterblich. Und sei es der zeitgenössische Diesel-Skandal um böswillige Abgas-Manipulation. Ein Jahrhundert-Genie, dessen okkulte Leitlinien vielleicht ihm selbst nicht bewusst waren, geschweige seinen Biografen: Ab 1893 gelang es Rudolf Diesel in einem Labor der Maschinenfabrik Augsburg, das Prinzip der Selbstzündung anzuwenden. Seltsam, dass auch nur wenige Okkultisten das „Dahinter“ des Diesel-Prinzips erkennen: Man verdichtet (man komprimiert), ebenso wie soziales Zusammensein und sogar die Lebenszeit zur Schnelllebigkeit zusammenverdichtet wird. Nicht umsonst existiert das Unwort Nachverdichtung im Städtebau! Bis die dauernde Verdichtung, dem unausweichlichen Naturprinzip folgend, zur Explosion führt. Das „Vorglühen“ zu diesem Prozess kennt wohl jeder.

Adresse:

Maria-Theresia-Straße 32, 81675 München.

Anfahrt:

Mit der Bus 100 und Tram 17 bis Friedensengel/Villa Stuck oder U4 bis Haltestelle Prinzregentenplatz (oder U 5 bis Max-Weber-Platz). Dann ca. 10 Min. zu Fuß die Maria-Theresia-Straße Richtung Norden.

Tipp:

Start beim Friedensengel. Dann die nahe Maria-Theresia-Straße genau nordwärts gehen, vorbei am Max-Planck-Institut, die gut renovierte Villa des Bildhauers Adolf Hildebrandt an der Ecke zur Siebert-Straße bestaunen (jetzt ist dort die Monacensia beheimatet), dann bis zur Straßenbiegung der Maria-Theresia-Straße Richtung Osten, da, wo dereinst der Ralph-Siegel-Musik-Verlag war, sehen sie die opulente Diesel-Villa.

8. HISTORISCHER TODESORT

MORD AN KURT EISNER

Der Tatort „Eisner“ in der Kardinal-Faulhaber-Straße ist mit der ehernen Umriss-Zeichnung des liegenden Opfers auf dem Bürgersteig gekennzeichnet. Als der damalige Ministerpräsident am 21. Februar 1919 ermordet wurde, war er auf dem Weg zum Landtag. Der Attentäter Anton Graf von Arco auf Valley schoss den Berichten zufolge in der Promenadegasse von hinten. Wohl kaum einer der Morde in diesem Buch hat ein derart Deutsche-Geschichte-bergendes Vorspiel und vor allem ein nie endendes Nachspiel. Die sich nun entwickelnde Geschichte der nachfolgenden Jahre gibt beredt und schockierend Auskunft. Avantgarde, Soldatenräte, kommunistischer Spartakusbund, parlamentarische Demokratie filmtaugliches Rätesystem: Ein hochaggressives Kuddelmuddel aus Ideologien und Parolen, aus Angst und Not und ungewisser Zukunft. Die Aufarbeitungen dieser Zeit sind, wie so vieles, noch lange nicht abgeschlossen. Eisner schwankte zwischen parlamentarischer Demokratie und Rätesystem. Eine Entscheidung in der sich zuspitzenden Radikalisierung nahm ihm die Mordkugel ab. So brachte es ein bedeutender Historiker auf den Punkt. „Man kann einem Mordanschlag auf die Dauer nicht ausweichen, und man kann mich ja nur einmal totschießen.“ Das soll der lakonische Kommentar des vorgewarnten Eisner gewesen sein, als man ihm, der Bedrohungen wegen, einen Schleichweg empfahl.

Dann! Aus unmittelbarer Nähe zwei Schüsse in Kopf und Rücken! Täter? Der 22-jährige Leutnant Anton Graf Arco, glühender Antisemit und Rechtsextremist. Den Quellen nach war Graf Arco, seiner jüdischen Herkunft wegen, aus der antisemitischen Thule-Gesellschaft ausgeschlossen worden. Nun musste er die vermeintlich „nationale Gesinnung“ mit Gewalt beweisen. Der Täter wurde ebenfalls durch Polizeikugeln lebensgefährlich verletzt. Durch eine Notoperation rettete ihn der damals berühmteste Chirurg, Professor Dr. Ferdinand Sauerbruch. Geschichte schafft Gedenkorte.

Adresse:

80333 München. Kardinal-Faulhaber-Straße, genau gegenüber dem Erzbischöflichen Palais.

Anfahrt:

Marienplatz (alle S-Bahnen, U 3 und U 6), dann 5 Minuten zu Fuß Richtung Promenadeplatz.

Tipp:

Gegenüber der Tatort-Stelle ist die opulente, in Neubarock inszenierte Fassade des erzbischöflichen Palais. Spaziergänge sind in jede Richtung lohnend und aufschlussreich: Richtung Norden zum Literaturhaus am Salvatorplatz? Dann weiter Richtung Odeonsplatz, Ludwigstraße, Univiertel.

9. WILDSCHÜTZ JENNERWEIN, SCHLIERSEE

DER SCHUSS KAM VON HINTEN

„Ein stolzer Schütz in seinen schönsten Jahren, Er wurde weggeputzt von dieser Erd“

Nun, wo gehobelt wird, da fallen Späne. – Man könnte diese derbe Volksweisheit ausweiten: Wo auf die Jagd gegangen wird, da wird geschossen. Und eine Christus-Parallele: Wenn ein Außenseiter und bei Frauen beliebter Charismatiker, der unbeirrt seinen sehr einsamen Weg geht, obwohl Feinde und Neider längst ihre versteckten Messer wetzen: Wenn so einer gewaltsam erledigt wird, dann wird er unsterblich. Einer der spektakulärsten Kriminalfälle des ausgehenden 19. Jahrhunderts, bahnt sich an, als der „Girgl“ tot und entstellt am 15. November 1877 in den Schlierseer Bergen aufgefunden wurde. Schon der Vater war beim Wildern erschossen worden. Dieses traumatische Ereignis prägte den 12-Jährigen fürs Leben. Sein Feind- und Hassbild waren und blieben die „Grünen“. Romantik? Nur im Lied. Die Wirklichkeit war von unbeschreiblicher Brutalität und einem animalischen Überlebenskampf geprägt. Etwa nachzulesen in den Wilderer-Geschichten von Ludwig Thoma. Und dann kam der Unglückstag. Die Revierförster waren dem Girgl Jennerwein irgendwann auf die Schliche gekommen. Dazu kam, dass sein alter Kriegskamerad Josef Pföderl nun auf der anderen Seite stand und beide dieselbe junge Frau begehrten. Nach den überlieferten Geschichten (Legenden? Heldensagen?) steckte der rechte große Zeh im Abzug seines Gewehres, ein Teil der Wange hing samt Schnurrbart in den Ästen einer Fichte – es sollte wohl wie ein Selbstmord erscheinen. Hinrichtung eines provozierenden Rivalen. Dass daraus durch den Mord ein Volksheld wurde, das wollte bestimmt der Mörder am wenigsten. Das Grab des „Helden“. Magischer Hingeh- und Wallfahrts-Ort.

Adresse:

83727 Schliersee. St. Martin im Ortsteil Westenhofen mit dem Friedhof und dem „Heldengrab“ lässt sich schnell finden.

Anfahrt:

Autobahn A 8 bis Weyarn, dann über Thalham, Miesbach, Hausham bis Schliersee.

Tipp:

Nach dem Besuch von Kirche und Grab am See entlang, die Seestraße bietet zahlreiche Wander-, Sitz- und Bade-Ideen mit vielen Bänken. Wer gut zu Fuß ist, der umrundet den Schliesee.

10. DIE „SCHWARZE WITWE“, MÜNCHEN

SCHICKY, SCHIEBUNG, MORD

Die schillernde Wiederholungs- und Mehrfach-Witwe könnte einer englischen Gothic Novel entstammen. Nennen wir es, dem Notenschlüssel des Buches folgend, „Dark Opera“: Die „Schwarze Witwe“ ist eigentlich eine hochgiftige Spinne aus dem Amazonas-Gebiet. Das klingt mordgefährlich und spannend zugleich, auch einem Edgar-Wallace-Krimi der 60er-Jahre gab das dunkle Killertier den Namen. Die Schwarze Witwe Maria Bertram, um die es hier geht, zählte einen Verlagsdirektor (den sie opulent beerbte) und einen reichen Landwirt und Grundbesitzer zu Ihren Kunden in Sachen Sterbehilfe. Doch beide Gatten starben (offiziell) eines natürlichen Todes. Es gibt auch den mentalen Mord! Ohne Ort, ohne Zeit, aber eben mit Todesfolge. Quellen? Die sind in diesem Falle so verschwommen wie die Aktionen der Protagonisten. Halbwahrheiten machten hier die Realität erst schön … Bei näheren Recherchen erscheint das Gewirr von Firmen, Konten und Schwarzkonten schier unentwirrbar. Jede Spur von Geld und Schuld verliert sich da; jede Fährte bleibt verwischt. Konto Nummer 884 442 der Firma FIC bei der Citibank in Monte Carlo, das sei die letzte Spur, die manche Anleger hinterließen; andere hatten ihre Vermögen gleich bar und ohne Quittung fortgegeben: Liebe? Leidenschaft? Alles kommt dem staunenden Betrachter vor wie in einer überzogenen Gaunerkomödie. Doch bleibt man lieber Zuschauer oder Leser als ein tödlich beteiligter Betroffener. Die konkreten Fakten zur Sache seinen lieber diskret übergangen, da die Rest-Beteiligten noch leben und übrigens wieder einmal angeklagt werden. Maria Bertram nahm am Ende der Tragik-Komödie das Band, mit dem Gefängnis-Kleidung und Bett-Zeug verschnürt werden (sogar das klingt unglaubwürdig) und dann, um 21.40 Uhr, am 12. Oktober, wurde ihr Leichnam gefunden.

Adresse:

Hier fehlen bei allen Artikeln zur Sache auffällig die Ortsangaben. Wenn sie aber in Münchens Zentrum die Platzl-Gegend (Hofbräuhaus und Platzl 80331 München) aufsuchen, dann sind sie der Sache mental recht nahe.

Anfahrt:

München, Marienplatz (alle S-Bahnen, sowie U3, U6), dann 5-10 Minuten zu Fuß Richtung Hofbräuhaus.

Tipp:

Platzl, Hofbräuhaus, Operngegend, Abstecher zu Moshammers ehemaligem Wirkungsort.

11. EIN „CHRISTUS OHNE KREUZ“

MORDE DER LETZTEN KRIEGS-TAGE IM LOCHHAMER SCHLAG

Bei der kleinen Lichtung und Wege-Kreuzung: eine im Jahre 1996 errichtete Holzkapelle, die den gar so besonderen Baumstamm umschließt. Die metallene Christusfigur ist in sein festes Holz eingewachsen, ein Gekreuzigter also, – aber!

Das Kreuz, das ihn dereinst trug, ist längst verwest, vermodert, verschwunden. Dieser Heiland hat sein Kreuz überwunden. Doch hat der liebliche und zugleich unheimliche Platz für Wanderer und stille Beter eine grausig-gruseligen Hintergrund. Zunächst stand nur der Baumstamm mit dem „Jesus in der Rinde“ allein da, lediglich mit einem schützenden Schindeldach gekrönt. Doch dann, der vielen Pilger wegen, entstand bald die kleine Kapelle. Und mit ihr böse Gerüchte, dass hier im tiefen Wald Schlimmes geschehen sei! Die erschreckenden Erzählungen haben einen sehr wahren Kern. Denn hier geschah an den letzten Tagen des 2. Weltkrieges Entsetzliches. So sollen mehrere Menschen erschossen worden sein und hinterher im Waldboden verscharrt. Nach einer Recherche der Süddeutschen Zeitung ging es dabei um „von Soldaten zurückgelassene Waffen“. Weiter: „Schließlich sei direkt in der Nähe ein .militärisch gut bewachtes Fernmeldekorps stationiert gewesen.“ (SZ vom 24.11. 93. Neueste Nachrichten, Landkreis München). Die dunklen Vermutungen und Aussagen von inzwischen verstorbenen Ortskundigen wollen über die bösen Geschehnisse wissen: die Unglücklichen hätten damals zurückgelegte Waffen gestohlen, seien ertappt und ohne viel Aufhebens hingerichtet worden. Das alles zwischen Gräfelfing und Lochham im kühlen Wald, an einer Stelle, die heute heilende Wirkung haben soll, die für manche als Wunderort gilt. Wer hier steht, der spürt ein dem Ort einbeschriebenes Grauen.

Adresse:

82166 Lochham bei München-Pasing. Lochhamer Schlag, mitten im Wald.

Anfahrt:

Den Weg dorthin im Wald muss man wissen: Den idyllischen Pasinger Friedhof am Haidelweg durchqueren, dessen südlichen Ausgang finden, dann gleich wieder in südlicher Richtung auf den nahen Wald zu. Dort so lange gehen, bis die Autobahn A 96 Richtung Lindau unterquert werden kann, nochmals ca. fünf Minuten südlich, die erste Wege-Abzweigung in westlicher Richtung.

Tipp:

Genau hier führen die verträumten Waldwege in alle vier Himmelsrichtungen, jeder dieser Pfade ist eine Waldwanderung wert. Südlich, aber recht verborgen und nur für geübte Augen erkennbar, findet sich ein Hügelgrab aus keltischer Vorzeit.

12. WALTER SEDLMAYR

VERSTECKSPIEL UND MORD

Am 15. Juli 1990 wurde Sedlmayr von seinem Privatsekretär tot im Schlafzimmer seiner Wohnung in der Elisabethstraße 5 in München-Schwabing aufgefunden. Offiziell der typische Gemütlich-Bayer, mit Langhaar-Dackel Waldi auf dem Plakat der Paulaner-Brauerei. Als hätte der Mann Walter Sedlmayr die Bayern-Idylle persönlich erfunden und vorgelebt. Doch jetzt der öffentliche Schock! Zahlreiche Messerstiche, Schädel mit einem 1-Kilogramm-Schmiedehammer (!) brutal zertrümmert, Utensilien kruder sexueller Vorlieben als Irreführung der Ermittler. Gerüchte und Mutmaßungen bis heute. Schon am Tag drauf hatte die Paulaner-Brauerei die legendäre Gut-Besser-Paulaner-Werbung entfernen lassen. Doch der Abgrund lockt, vor allem lockt er die auffallend Braven. Wenn es eine Art gibt, gruselgrausam „ermordet zu werden“, eine Art, die zugleich abwegige Thrash-Phantasien zeitungslesender Bürger auf dem Sofa beflügelt: der Walter wusste das. Denn mit diesem gewaltsamen Ableben der Bayern-Ikone kamen bizarre Geheimnisse ans Licht. Die Legendenbildung hat eben schon begonnen. Bei Rudolph Moshammer ist´s nicht anders. 64 Jahre war Sedlmayr alt – sein Tod stellte jeden vorherigen öffentlichen Auftritt des beliebten Mimen in den Schatten. „Münchner G´schichten“, „Der Millionenbauer“, „Polizeiinspektion 1“, seine klug-bissigen Reise-Tipps, das herrliche Politiker-Derblecken auf dem Nockherberg! Und immer diese provozierend-biedere Unantastbarkeit. Doch jetzt! Stricher-Milieu, homosexueller Untergrund, bizarre Altwasser des triebgesteuerten Wollens. Und dazu grenzenlose sadistische Gewalt als Spielart der etwas anderen Lusterfüllung. Der damalige Ermittler der Mordkommission Josef Wilfing gab später zu, Sedlmayrs Gewalttod hätte den 15 Jahre später ermordeten Modezaren Moshammer „getoppt“.

Adresse:

Das Grab auf dem Bogenhausener Friedhof: Bogenhauser Kirchplatz 1, 81675 München.

Anfahrt:

Von der nahen Diesel-Villa (siehe da), Maria-Theresia-Straße 23, ist es nur ein Katzensprung.

Tipp:

Zählen Sie auf diesem Promi-Friedhof die Namen aus Kunst, Politik, Wissenschaft. Helmut Dietl, Rainer Werner Fassbinder, Oskar Maria Graf, Ernst Hanfstaengl, Ernst Hürlimann, Erich Kästner, Hans Knappertsbusch, Peter de Mendelssohn, Gustl Waldau – und seit 2020 auch Dr. Hans Jochen Vogel.

13. RÄUBER KNEISSL

EIN MÖRDER WIRD ZUM HELDEN.

Schaut man sich den Lebensweg dieses getriebenen jungen Mannes genauer an, der hinterher wie der „Jennerwein“ und der „Bayerische Hias“ zu verklärenden Ehren gekommen ist, dann entsteht eher Mitleid denn Bewunderung oder gar Verehrung.

Der Räuber Kneissl (geboren am 12. Mai 1875 in Unterweikertshofen; hingerichtet am 21. Februar 1902 in Augsburg) war, wie man in Bayern sagt, ein armer Hund. Resozialisierung, ein Weg zurück in die Gesellschaft, das war zur Zeit des Schachermüller Hias (1875 bis 1902) ein Fremdwort. Er wurde schon ins kriminelle Milieu hinein geboren, Jeder mögliche Neuanfang des Hias scheiterte an seinem verkorksten Vorleben. Doch war er schon zu Lebzeiten eine Art Robin Hood, aufbegehrend gegen Willkür, Not und Unterdrückung. Wiewohl wurde der Kneißl als Einbrecher und zweifacher Polizistenmörder verurteilt worden ist, genoss er Bewunderung – bis heute. Nicht nur Wanderwege, auch Biersorten und Bierkeller sind nach ihm benannt. Etwa der Räuber-Kneissl-Keller vom Bräustüberl in Maisach. Das Ende: Winter 1900/1910. In Geisenhofen hatten 160 Polizisten den Bauernhof umstellt, in dem der Gesuchte sich versteckt hatte. Des extrem hohen Lösegeldes wegen war er verraten worden. Das zeugt nicht nur von Bewunderung im Volke. Im Kugelhagel sank der Gesuchte schließlich halb tot zu Boden. Jetzt wurden seine jämmerlichen Reste wieder „zusammengeflickt“, damit er hinterher hingerichtet werden konnte. Letzter Tag eines Lebensdramas: 21. Februar 1902. Die Arretierung des Fallbeiles löste sich. „Die Woch fangt ja scho guat o“, soll er gesagt haben.

Adresse:

85253 Unterweikertshofen, der Geburtsort. Das ist nicht weit weg von Dachau, Indersdorf und Altomünster.

Anfahrt:

Autobahn A 8 bis Abfahrt Odelzhausen, dann Richtung Markt Indersdorf, kurz vor Erdweg kommt Unterweikertshofen.

Tipp:

Mord-Wandern? Kaum zu glauben, aber es gibt bereits einen „Räuber-Kneissl-Radlweg“!

https://xn--ruber-kneissl-radweg-bzb.de/

https://www.tourismus-dachauer-land.de/rad-und-wanderwege/radwege/raeuber-kneissl-radweg.html

14. TOTENSCHÄDEL STOPPT NEUBAU

OKKULTES MÜNCHEN-PASING

Skelette faszinieren und stoßen ab zugleich, vor allem: Der Schädel mit seiner Jahrhunderte alten okkulten Symbolik. Und dann – im grauen Alltag einer Baustelle im Münchner Westen: Fund von Menschenknochen in der Pasinger Josef-Retzer-Straße! Wer sind die vielen Toten mitten in einem altehrwürdigen Wohnviertel im Münchner Westen? „Alter Keltenfriedhof“, so eine erste Vermutung. Frühmittelalter? Zeit von Paoso, dem namentlich bekannten Erst-Pasinger? Gar eine Nekropole der Ahnen? Oder ein Pestfriedhof aus dem 16./17. Jahrhundert? Krude Vermutungen überschlagen sich. Das frei gelegte Gräberfeld ist damals akribisch mit Drahtzaun abgesichert. Auf dem Kies und Schotter stehen weiße Regen- bzw. Sonnenzelte der Archäologen. Zahllose Menschenknochen von sandig-brauner Färbung kommen zutage. Grablage zumeist in ostwestlicher Richtung. Und eine Tafel am Bauzaun gibt kund: Ein Schädel wurde entwendet! Interessant die damalige Aufforderung auf dem signalgelben Warnschild: Erhebliche Gesundheitsschäden durch Sporen und Bakterien! Aspergillus oder Yersina pestis“. Was kann denn an einem Jahrhunderte, gar ein Jahrtausend alten Schädel noch ansteckend sein? „Pest“, so mutmaßen Wissenschaftler, hinterlässt tatsächlich Spuren in der DNA, auch nach so langer Zeit. Sollte die okkulte Pasinger Totenstadt also ein Pestfriedhof gewesen sein! Inzwischen ist klar: tatsächlich ein Gräberfeld der Vorzeit. Nun steht ein Neubau auf dem okkulten Areal des Grauens.

Adresse:

81241 München-Pasing. Josef-Retzer Straße, gleich bei der Einmündung zur Weinberger/Benedikterstraße.

Anfahrt:

Bus 57 ab Laimer Platz, Haltestelle Weinbergerstraße.

Tipp:

In direkter Nähe zur Grusel-Areal der Historie (Haltestelle Benedikterstraße) ist ein Münchner Kult-Biergarten des Westens: der Prinzregenten-Garten. Im Sommer würden Biergarten-Spare-Ribs gut zum Gruseln nebenan passen!

15. SKELETT BEI ANDECHS

WAS KNOCHEN ERZÄHLEN

Vor rund zehn Jahren entdeckten Arbeiter in einem vergessenen Kanalschacht im Wald, der den Moränenzug unterhalb von Andechs säumt, ein verrottetes menschliches Skelett. Die Energie an dem Ort ist bedrohlich und unheimlich zugleich. Mord? Ein Rätsel bis heute. „Leiche im Schacht: Das Skelett von Andechs / Arbeiter stoßen bei Baumfällarbeiten in einem Wald am Ammersee zufällig auf ein Skelett in einem Schacht“, so lautete am 15. Dezember 2011 eine Überschrift der Lokalzeitung. Waldarbeiter waren den Tag über mit Baumfällen beschäftigt. Dann endlich Pause. Einer der Männer nähert sich dem zwei mal zwei Meter großen, viereckigen Betonschacht im Waldstück unterhalb von Andechs. Er öffnet neugierig die Luke aus Metall im Betondeckel und schaut hinunter: An der Wand führt eine Leiter zwei Meter nach unten. Am Boden etwa 40 Zentimeter modriges Wasser. Und da ist noch was – sind das etwa Knochen? Tatsächlich: ein Skelett. Einige Stunden später, am Mittwochabend, birgt die Polizei Fürstenfeldbruck die Leiche aus dem Schacht im Waldstück an der Staatsstraße 2067 unterhalb von Andechs. Bald darauf hat die Kriminalpolizei die Ermittlungen zur Identität und Todesursache aufgenommen – zuvor aber muss eine Obduktion einige Fragen klären. Die Ermittler wissen nicht, ob es sich um die Leiche einer Frau oder eines Mannes handelt. Ihr Alter ist unklar, auch weiß niemand, wie lange sie im Schacht lag. Anzeichen von Gewalt waren auf den ersten Blick nicht zu sehen. Der Schacht sei bis auf das Skelett leer gewesen. Keine Hinweise auf ein Fremdverschulden. Die Polizei wertet auch alle ungeklärten Vermisstenfälle auf. 2003 sorgte ein Fall für großes Aufsehen in der Gegend: Im damaligen Juli verschwanden die Weilheimerin Hannelore Klement (damals 60) und ihre Tochter Heike (†39). Ihre Handtaschen wurden bei Tutzing gefunden, Heikes Schädel tauchte etwas später in der Ammer auf.

Adresse:

82346 Kloster Andechs, Bergstraße 2. Am sichersten von Kloster Andechs aus, denn das kennt jeder.

Anfahrt:

Gleich nach der scharfen Rechtskurve, die (von Andechs kommend) hinunter nach Herrsching weist, geht’s links neben der Straße den schmalen Weg entlang.

Tipp:

In dieser Gegend? Andechs, Wallfahrtsweg (des Grauens?) den Kreuzweg-Stationen vom Kloster aus zum Friedhof folgen. Dann Herrsching, Seepromenade.

16. EIN MORD-PARKHAUS IN MÜNCHEN

DIE SCHÖNE WITWE UND DAS GELD

Spektakuläre Morde haben ihre Markennamen: „Brühne-Affäre“, „Van Bergen Mordnacht“, „Seldmayr-Mord“. „Schwarze Witwe-Mord“ „Telefonschnur-Tat“ (Rudolph Moshammer). Und hier: „Parkhaus Mord“. Die schwerreiche Millionärin Charlotte Böhringer wurde im Jahre 2006 in ihrer exklusiven Penthouse-Wohnung, die sich über ihrem Parkhaus in der Münchner Isarstadt, Baaderstraße, befand, brutal erschlagen. Wie geschaffen für die Boulevard-Presse: Abgehobener Reichtum, eine attraktive Frau „zwischen den Jahren“, ein hübscher Lieblingsneffe, der hinterher zu einer lebenslangen Haftstrafe verurteilt wird Nur aufgrund von Indizien und seinem halbseidenen Lebenswandel. Dutzende Schläge auf den Kopf des Opfers: Entfesselte Gefühle? Oder eiskalte Berechnung? Irreführung der Ermittlungen? Das Opfer war mit knapp 60 Jahren immer noch sehr attraktiv. Lebte zurückgezogen, war vernetzt mit denen, die wirklich reich sind. Charlotte stammte aus Ungarn ab. 1995 wurde sie Witwe, kinderlos. Als man sie an Tatort, der durch die Brutalität einem Schlachtfeld glich, auffand, entstanden augenblicklich wilde Gerüchte, böse Mutmaßungen, Zweifel – bis heute. Ein „Lebenslang“ folgte der Tat – aber ohne jeden zwingenden Beweis. Der „Parkhaus-Mord“ ist und bleibt Gesprächsstoff. Das verwitwete Opfer hatte aus der Ehe reich geerbt und das florierende Parkhaus in allerbester City-Lage war und ist eine Goldgrube. Die DNA-Spuren des Lieblingsneffen (und Mörders?) Bence waren in jedem Zimmer der Mordwohnung. Alibi? Keins für die Tatzeit. Es sprach alles gegen ihn. Etwa das abgebrochene Jurastudium, das wäre vielleicht eine Voraussetzung für das opulente Parkhaus-Erbe gewesen. Zwei Jahre und 93 Verhandlungstage später wird der junge Mann, ohne Tatzeugen, ohne Geständnis, ohne eine gefundene Mordwaffe, zu lebenslanger Haft verurteilt.

Adresse:

Baaderstraße, 80469 München, nähe Isartor. In wenigen Minuten zu Fuß in südlicher Richtung zur Baaderstraße.

Anfahrt:

Alle Haltestellen Isartor. Dann Richtung Ludwigsbrücke, nach kurzer Zeit, (Höhe Pizza-Hut) links in die Baaderstraße. S1, S2, S3, S6, S7, U3, U6, Straßenbahn Linie 19, Bus 132, 62

Tipp:

Baaderstraße, zurück zum nahen Isartor, von hier aus übers Tal in die Innenstadt oder über die Zweibrückenstraße zur Museumsinsel, mehrere romantische Wege an der Isar entlang, evtl. Museumsbesuch?

17. KÖNIGSSEE

WALLFAHRER-SCHIFF ZERSCHELLT AN DER MORDWAND

Das legendäre Wallfahrer-Unglück von 23. August 1688 jagt an der hier senkrecht abfallenden Felswand des Königssees den Touristen einen kalten Schauer über den Rücken. Denn die graue Wand des Todes setzt sich unter der Wasseroberfläche hundert Meter fort, bis hinab in die dunkle kalte Tiefe des ewigen Schweigens. „Es war das größte Unglück, das Berchtesgaden und den Königssee jemals heimgesucht hat...“, so die damaligen Zeitungen. Was war los am 23. August des Jahres 1688? Der Bootsfahrer auf dem Touristenschiff verkündet die schaurige Mär, dass hier an der Falkensteiner Todeswand das Schiff mit 70 Wallfahrern im Sturm zerschellt ist. Das unübersehbare rote Kreuz einige Meter über dem Wasserspiegel spricht Bände. Die Phantasie malt augenblicklich schauerliche Szenen aus. Innere Bilder entstehen, ein Horrorfilm läuft ab im Kopf. Aber! Und die so entstehenden Bilder des Grauens liegen gar nicht weit neben dem, was damals geschehen sein musste! Die Gerüchte nehmen seit dem Tag des schrecklichen Unglücks kein Ende. Es sei alles ganz anders gewesen, mutmaßen namhafte Heimatforscher, viel schlimmer noch – gar geplanter Mord? Das Unglück mit so vielen Toten soll gar nicht hier an der Falkensteiner Wand passiert sein, sondern am Ufer gegenüber von St. Bartholomä! Und das Schiff muss damals baufällig und löchrig, im wahrsten Sinne dem Untergang geweiht gewesen sein. Man wollte das Geld und die Habe der frommen Pilger. Und wer hätte hinterher noch darüber reden können? Alle Leichen wurden, wie auch immer am 23. August 1688 sie zu Tode gekommen sind, geborgen und in geweihter Erde bestattet.

Adresse:

Königssee bei Berchtesgaden. 83471 Schönau/Königssee.

Anfahrt:

Ab München Salzburger Autobahn A 8, Abfahrt Bad Reichenhall, über Bischofswiesen bis Berchtesgaden.

Tipp:

Rundfahrt auf dem Königsee. Mit Echo-Vorführung an der Todeswand. Für Berchtesgaden und Umgebung zahllose. Wandertipps, Rad-Touren, Bergwanderungen.

Details

Seiten
200
Erscheinungsjahr
2023
ISBN (eBook)
9783958942660
ISBN (Buch)
9783958942608
Sprache
Deutsch
Erscheinungsdatum
2023 (Juli)
Schlagworte
schauerorte logen morde oberbayern sightseeing

Autor

Fritz Fenzl, geboren in München. Studium der Germanistik, Katholischen Theologie, Kunstgeschichte und Bildhauerei. Promotion über Ludwig Thoma. Neun Jahre Chef der „Monacensia“ und Handschriftensammlung der Stadt München. 1982 jüngster „Turmschreiber“. Kolumnen für die Süddeutsche Zeitung. Laufend Beiträge für den BR und tv münchen. 1978 Kultureller Förderpreis der Stadt München. 1994 Bayerischer Poetentaler. Ein Rundfunkpreis, Montblanc Literaturpreis. Bislang 65 Bücher, zumeist Bestseller. Seine Führungen zu magischen Kraft- und Glücksorten sind ein Geheimtip.
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Titel: Schauerorte – Logen – Morde in Oberbayern